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Städtische Fachschule (Meisterschule) für Gold- und Silberschmiede
der Landeshauptstadt München
Meisterschule für das Steinmetz und Steinbildhauerhandwerk
Text: Lothar Altmann, aus: Kunsthandwerk in Bayern nach 1945, hrsg. von Danner-Stiftung und Neue Sammlung, München (erscheint 2004)
Schon im 19. Jahrhundert gab es an der Münchner Handwerksfeiertagsschule Kurse für kunstgewerbliche Metallverarbeitung (Ziselieren), und auch an der Kunstgewerbeschule erfolgte seit 1868 eine Unterweisung für Ziseleure und Goldschmiede (siehe Akademie). 1903 wurde dann in der Schule an der Westenriederstraße eine Fachliche Fortbildungsschule für Juweliere, Gold- und Silberarbeiter eingerichtet. 1908 verlegte man sie (samt ihren rund 50 Schülern) in die Gewerbeschule an der Luisenstraße, wo sie mit jener der Dentisten unter einer Leitung zusammengefasst wurde. Bis Kriegsbeginn 1914 verdreifachte sich bei den Gold- und Silberschmieden die Schülerzahl auf 150. Die ganzen Kriegsjahre hindurch konnte außer für die Bauhandwerker der Unterricht in Tagesfachklassen nur noch für Juweliere, Gold- und Silberschmiede aufrechterhalten werden. 1933 wurde die Tagesfachklasse für Gold- und Silberschmiede zur Meisterklasse erhoben, die dann bis zur kriegsbedingten Schließung der gesamten Schule Ende 1944 bestand.
Diese erste Ära der Schule stand ganz im Zeichen von Julius Schneider (1879–1952), der hier 1912–1944 als Fachlehrer wirkte. Zusammen mit seinen Schülern führte er die von Heinrich Düll und Georg Petzold entworfene emaillierte Statuette des Hl. Eligius aus, Ehrengeschenk des Bayerischen Kunstgewerbevereins an ihr Vorstandsmitglied Karl Rothmüller. 1927 wurde Schneider die Goldmedaille der Danner-Stiftung verliehen, ein Jahr später kam seine grundlegende Abhandlung „Kunsthandwerkliches Emaillieren“ in Leipzig heraus. Um eine schuleigene Werkstätte zum Edelsteinschleifen und -gravieren einrichten zu können, bildete er sich kurzerhand in Idar-Oberstein fort. 1933 wurde er 1. Vorsitzender des Bayerischen Kunstgewerbevereins, 1935 Professor. 1941 verlieh ihm die Deutsche Gesellschaft für Goldschmiedekunst den Ehrenring. Einer seiner bekanntesten Schüler waren die Dorfener Zwillinge Franz und Hermann Wandinger, Letzterer ab 1936 Leiter der Zeichenakademie in Hanau, sowie Ebbe Weiss-Weingart, die Staatspreise in Baden-Württemberg (2 x), Bayern und Hessen sowie 1978 den Ehrenring der Gesellschaft für Goldschmiedekunst erhielt, aber auch der weltberühmte schwedische Gold- und Silberschmied Sigurd Persson.
Ein Neuanfang erfolgte, als 1947 an der Luisenstraße eine „Berufsschule für Kunsthandwerker“ ins Leben gerufen wurde, in der neben Fachklassen für Holzbildhauer, Steinmetzen und Stuckateure 1948 auch eine für Gold- und Silberschmiede eingerichtet wurde. Ihre Leitung und die der Meisterklasse übernahm Rolf Goldschmitt, der nicht nur der Schule zu neuem Ansehen verhalf, sondern selbst auch immer wieder als Goldschmied bei diversen Ausstellungen in Erscheinung trat. U.a. war er ein Meister der für München in der Zwischenkriegszeit typischen Granulationstechnik. Im Frühjahr 1950 konnten die Gold- und Silberschmiede neue Werkstätten in dem vom Leiter der Gewerbeschule, Architekt Herbert Landauer, selbst entworfenen Erweiterungsbau beziehen.
Für die Berufsschule für Kunsthandwerker und die auf gleichem Areal untergebrachten Berufs- und Meisterschulen für das Bauhandwerk wurde 1957 der Sammelbegriff „Gewerbeschule für Bau- und Kunsthandwerker“ geprägt. Diese entwickelte sich unter Oberstudiendirektor Ernst Maria Lang (1961–1981) zum „Berufsbildungszentrum für Bau und Gestaltung der Landeshauptstadt München“. Langs Nachfolger waren bis 1985 OStD Hans Schmidl und bis 1988 OStD Karl Zeuner. Dann übernahm Ulrich Kollerbaur die Leitung des Berufsbildungszentrums, das seit August 1996 als „Berufliche Schulen an der Luisenstraße 9–11“ neu organisiert ist: Zwölf verschiedene berufsbildende Schulen werden von vier Schulleitungen geführt; die Meisterschule für das Gold- und Silberschmiedehandwerk bildet zusammen mit der Fachschule für Steintechnik, der Berufsschule und Meisterschule für das Holzbildhauerhandwerk und der Berufsschule für das Bau- und Kunsthandwerk, in die auch die auszubildenden Gold- und Silberschmiede gehen, einen der vier Schulverbände.
Von der Danner’schen Kunstgewerbestiftung wird – wie an den übrigen kunsthandwerklichen Fachschulen des Bildungszentrums auch – seit 1987 jährlich ein gestalterischer Klassenwettbewerb gesponsert. Zusammen mit den übrigen kunsthandwerklichen Meisterschulen der Luisenstraße ist auch die der Gold- und Silberschmiede regelmäßig auf der Internationalen Handwerksmesse vertreten, außerdem auf der Fachmesse für Uhren und Schmuck „Inhorgenta“ im Bereich „Forum Innovation“.
War die Fortbildungszeit für alle Meisterschulen an der Städtischen Gewerbeschule noch 1963 mit vier Semestern in Vollzeituntericht festgesetzt worden, wurde sie in den neunziger Jahren für die Gold- und Silberschmiede auf ein Jahr halbiert. In dieser kurzen Zeit müssen verschiedene Techniken vertieft und solche vermittelt werden, die heute in den Betrieben nicht mehr ausgeführt werden (wie beispielsweise Ziselieren, Fassen von Edelsteinen, Emaillieren oder Niellieren), aber natürlich auch Kenntnisse in Theorie (Fachrechnen, Betriebsführung oder Pädagogik bzw. Gemmologie und Metallurgie) und Gestaltung (Modellieren, Zeichnen und Entwerfen) erworben werden. Die Werkstätten sind mit traditioneller wie modernster Technologie (Laserschweißgeräte) ausgestattet. Jährlich finden eine Studienreise und wenn möglich auch Tagesstädtereisen statt, dazu kommen Messebesuche.
Seit 1994 wird die Meisterklasse gemeinsam von Goldschmiedemeister Peter Siegel und der Goldschmiedemeisterin, Goldschmiedetechnikerin und diplomierten Künstlerin Doris Rieder-Hoffmann betreut:
Siegel begann seine berufliche Laufbahn mit einer Goldschmiedelehre in München; mit seinem Gesellenstück wurde er 1969 Bundessieger. 1974–1976 absolvierte er bei Ernst Zick die Münchner Meisterschule. Seit 1976 (gefördert durch ein Danner-Stipendium) selbständiger Goldschmiedemeister, nahm er gleichzeitig seine Lehrtätigkeit an der Münchner Berufsschule für Gold- und Silberschmiede auf, die er dann an der Meisterschule fortsetzte.
Rieder-Hoffmann besuchte die Berufsfachschule für Glas und Schmuck in Kaufbeuren, schloss diese mit dem Gesellenbrief als Graveurin ab und arbeitete anschließend in verschiedenen Werkstätten als Goldschmiedin. Ein zweijähriges Studium an der Staatlichen Zeichenakademie in Hanau folgte. 1984 legte sie erfolgreich die Prüfung zum staatlich geprüften Goldschmiedetechniker und die Meisterprüfung als Goldschmiedin ab. 1984 bis 1990 studierte sie bei Prof. Hermann Jünger in der Klasse für Schmuck und Gerät an der Akademie der Bildenden Künste in München und beendete diese mit dem Diplom. Seit 1990 arbeitet sie freischaffend in ihrer eigenen Werkstätte. Ihre Werke sind u.a. in der Münchner Galerie Spektrum ausgestellt. Seit 1992 lehrt sie an der Münchener Meisterschule.
Literaturhinweise (Auswahl)
Kollerbaur Ulrich, Der vertikale Aufbau der beruflichen Bildungseinrichtungen, dargestellt an der Entwicklung der Gewerbeschule für Bau- und Kunsthandwerker in München seit 1900. (Unveröffentl. Zulassungsarbeit zur II. Staatsprüfung für das Lehramt an gewerblichen Berufsschulen) München 1965 [dort weit. Lit.] – [Broschüre] Berufsbidlungszentrum für Bau und Gestaltung. 2. Auflage Kissing 1996 – Landeshauptstadt München Baureferat (Hrsg.), Berufsbildungszentrum für Bau und Gestaltung an der Luisenstraße. München o.J. – Träger Hans-Heinrich, Chronik Zentralverband der deutschen Goldschmiede, Silberschmiede und Juweliere [1900–2000], o.O. [Königstein i.T.] o.J. [2002]
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